Das Strafverfahren - Ermittlungsverfahren - Anklage - Hauptverhandlung
Die
Grundlage
für das Strafverfahren bildet die Strafprozessordnung (StPO).
In
ihr sind die drei wesentlichen Verfahrensstadien geregelt. Dies sind
das Ermittlungsverfahren, das Zwischenverfahren und das Hauptverfahren.
Besteht ein so genannter Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO)
kommt
es zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Hierfür ist
entscheidend, dass aufgrund bestimmter Tatsachen und nach
kriminalistischer Erfahrung es zumindest möglich erscheint,
dass
eine strafbare Handlung begangen wurde. Voraussetzung für die
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft
oder Polizei von den Verdachtsgründen Kenntnis erlangt. In der
Regel geschieht dies durch eine Anzeige. Das Verfahren richtet sich
dann gegen den Beschuldigten bzw. gegen Unbekannt.
Ermittlungsverfahren
Im Ermittlungsverfahren ist die Staatsanwaltschaft zunächst
die
entscheidende Instanz, weshalb sie auch oft als „Herrin des
Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet wird. Ihr obliegt es
über
den Weitergang des Verfahrens zu entscheiden, insbesondere was und wie
zu ermitteln ist. Hierbei bedient sie sich ihrer Hilfsbeamten
(§
162 GVG), namentlich der Polizei. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch
keine bloße Strafverfolgungsbehörde. Ihre Aufgabe
umfasst
die Ermittlung des gesamten Tatgeschehens und damit auch der
entlastenden Umstände (§ 160 Abs. 2 StPO). Den
Ermittlungen
der Staatsanwaltschaft sind jedoch, vor allem im Bereich der kleinen
und mittleren Kriminalität, auch aufgrund der angespannten
Haushaltssituationen, Grenzen gesetzt. Umso wichtiger ist somit die
frühe Einschaltung eines Strafverteidigers der durch
Beweisanträge oder Gespräche mit der
zuständigen
Staatsanwaltschaft die Ermittlungen in richtige Wege leiten kann.
Die Staatsanwaltschaft darf bei ihren Ermittlungen Maßnahmen
durchführen, soweit diese nicht auf Zwang beruhen oder in die
Grundrechte der Bürger eingreifen. Zu diesen
Ermittlungsmaßnahmen gehören etwa die Vernehmung von
Zeugen,
die Untersuchung des Tatorts oder die Spurensicherung. An die weiteren
Untersuchungsmaßnahmen, wie Blutentnahme oder
Hausdurchsuchungen
sind besondere Voraussetzungen geknüpft. In der Regel bedarf
es
hierfür des Beschlusses eines Richters.
Schlussendlich entscheidet die Staatsanwaltschaft wann die Ermittlungen
abgeschlossen sind (§ 169a StPO). Besteht ein hinreichender
Tatverdacht erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage.
In anderen
Fällen kann das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO
eingestellt
werden wenn der Tatnachweis nicht zu führen ist oder sich die
Unschuld des Beschuldigten herausgestellt hat. Auch bei Vorliegen des
hinreichenden Tatverdachts kann eine Einstellung erfolgen, wenn etwa
Verfahrenshindernisse- zum Beispiel das Fehlen eines
Strafantrags- vorliegen. Die Erhebung einer Anklage ist
jedoch
nicht die zwingende Folge eines hinreichenden Tatverdachts. Die
Staatsanwaltschaft kann gemäß §§
153 ff. StPO aus
sogenannten Opportunitätsgründen- d.h. die
Staatsanwaltschaft kann eingreifen, muss dies aber nicht
(Zweckmäßigkeit)- eingestellt werden.
Entscheidet sich die Staatsanwaltschaft dafür, das Verfahren
betreiben zu wollen, so kann sie entweder Anklage erheben oder den
Erlass eines Strafbefehls beantragen.
Im Falle einer Anklage erhebt die Staatsanwaltschaft diese vor dem
zuständigen Gericht. Die sachliche Zuständigkeit
hängt
hauptsächlich von der zu erwartenden Strafe ab.
Bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe (oder bei Geldstrafe) von zwei
Jahren ist der Strafrichter (Einzelrichter § 25 GVG) beim
Amtsgericht, bei einer Straferwartung von zwei bis vier Jahren, bzw.
beim Vorliegen eines Verbrechens
(eine Tat, die im Mindestmaß
mit
einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, vgl. § 12 StGB) ist
das
Schöffengericht (ein Berufsrichter und zwei Schöffen,
§
28 GVG) des Amtsgerichts zuständig. Jenseits einer
Straferwartung
von vier Jahren ist die große Strafkammer beim Landgericht
zuständig, §§ 24, 74 GVG. Die
große Strafkammer
beim Landgericht ist ebenfalls zuständig, wenn der Sache
besondere
Bedeutung zukommt oder die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus oder die Sicherungsverwahrung in Betracht kommt.
Für die Aburteilung von Delikten wie Mord oder Totschlag ist
das
Schwurgericht, besetzt mit drei Berufsrichtern und zwei
Schöffen
(§ 76 GVG) mit gesetzlich bestimmter Zuständigkeit
gem.
§ 74 Abs. 2 GVG, zuständig.
Zwischenverfahren
Im nun folgenden Zwischenverfahren entscheidet das Gericht nun, ob es
den hinreichenden Tatverdacht ebenfalls für gegeben
hält und
eröffnet das Hauptverfahren.
Hauptverfahren
Es folgt das Hauptverfahren, in dem die Strafsache aufgeklärt
werden soll. Das Hauptverfahren nimmt folgenden Verlauf:
▪ Aufruf der Sache § 243 Abs. S. 1 StPO
▪ Feststellung Anwesenheit § 243 Abs. S. 2 StPO
▪ Zeugenbelehrung § 57 S. 1 StPO
▪ Zeugen verlassen Sitzungssaal § 243 Abs. 2 S. 1, Ausnahme
§ 406 Abs. 1
S. 1 StPO
▪ Vernehmung des Angeklagten zu pers. Verh. § 342 Abs. 2 S. 3
StPO
▪ Belehrung Aussagefreiheit § 243 Abs. 4 S. 1 StPO
▪ ggf. Vernehmung des Angeklagten § 243 Abs. 4 S. 2 StPO
▪ Zeugenvernehmung:
▪ Person
§ 68 Abs. 1 S. 1 StPO
▪ ggf. Belehrung § 52 Abs. 3 S. 1 StPO
▪
Vernehmung zur Sache § 69 StPO
▪ ggf. Belehrung § 55 StPO
▪ Verlesung von Urkunden
▪ Inaugenscheinnahme
▪ Sachverständigengutachten
▪ Verlesung BZRG
▪ Erörterung der Lebensumstände
▪ ggf. Bericht der JGH
▪ Schluss der Beweisaufnahme
▪ Schlussvortrag StA § 258 Abs. 1 StPO
▪ ggf. Schlussvortrag Verteidigers § 258 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1
StPO
▪ ggf. Schlussworte des Angeklagten § 258 Abs. 1, Abs. 3 StPO
▪ letztes Wort des Angeklagten § 258 Abs. 2, 2 HS. StPO
▪ Verkündung des Urteils § 260 Abs. 1, § 268
StPO
▪ ggf. Beschluss § 268a Abs. 1 StPO
▪ Eröffnung der Urteilsgründe § 268 Abs. 2
S. 2 StPO
▪ Rechtsmittelbelehrung § 35a StPO
▪ ggf. Belehrung § 268a Abs. 3 StPO
▪ Schluss der Hauptverhandlung
Durch das Urteil des Gerichts ist die erste Instanz beendet; sofern der
Angeklagte oder die Staatsanwaltschaft keine Rechtsmittel einlegen,
wird das dieses auch rechtskräftig, und das Verfahren ist
abgeschlossen.
Anderenfalls kann gegen ein Urteil des Amtsgerichts sowohl die Berufung
zur Kleinen Strafkammer am Landgericht erfolgen, wo dann noch einmal
eine neue Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme stattfindet, und/ oder
die Revision zum Oberlandesgericht (in Berlin Kammergericht); gegen das
erstinstanzliches Urteil des Landgerichts bleibt nur die Revision zum
Bundesgerichtshof. In der Revision findet nur eine
Überprüfung auf Rechtsfehler statt.
Dabei unterscheiden Berufung und Revision sich insofern, als bei der
Berufung nochmal eine Beweiserhebung stattfindet, also auch die
Feststellung der Tatsachen überprüft wird, bei der
Revision
aber nur eine Überprüfung auf Rechtsfehler
stattfindet.